Wer ein duftendes Lavendelfeld in voller Blüte sehen will, muss derzeit nicht bis in die Provence fahren. Auch in der Nähe von Dorfen im Landkreis Erding gibt es ein solches Feld. Matthias Tafelmeier hat es vor ein paar Jahren angepflanzt. Die Idee dahinter: Er wollte damit eine „Landschaft für die Seele“ schaffen. Und das bedeutet auch: Besucherinnen und Besucher sind am und im Feld ausdrücklich erwünscht. Es kostet keinen Eintritt, sich das Feld anzuschauen oder im Feld Fotos zu machen. Zumindest nicht, wenn es für private Zwecke ist.
„Ein Eldorado für die Viecher und ein kleines Ökosystem“
Ein Besuch vor Ort: Tausende Bienen und unzählige weiße Schmetterlinge flattern und summen an diesem sonnigen und heißen Vormittag mitten im hügeligen Lavendelfeld. Und durch den leichten Wind steigt ein feiner Duft in die Nase.
Matthias Tafelmeier geht zwischen den Sträuchern umher und sieht nach dem Rechten. 2019 hat er die verschiedenen Wildlavendel-Sorten eingepflanzt. Und seitdem entdeckt er in seinem Feld immer wieder neue Tierarten, erzählt er. „Das ist einfach ein Eldorado für die Viecher. Da laufen Hasen durch, das ist einfach schön. Und wenn man mal den Strauch unten aufhebt, überall kann sich ein Viecherl verschleichen. Das ist nicht nur eine Kultur, sondern auch ein kleines Ökosystem, wo sich viele Arten wohlfühlen.“
Das Feld zieht viele Besucherinnen und Besucher an
Während Matthias Tafelmeier und seine Partnerin Hildegard Pritscher wie jeden Tag das Unkraut mit der Hand aus den Sträuchern zupfen, damit der Lavendel genügend Nährstoffe aus dem Boden ziehen kann, kommt eine fröhliche Radlgruppe den Hügel herauf. Elf rüstige Rentnerinnen und Rentner mit E-Bikes und Helmen, die extra aus Wasserburg hergefahren sind, um sich das Feld anzuschauen. Viele von ihnen machen Fotos und freuen sich, dass der Landschaftsgärtner selbst vor Ort ist. Am Feldrand löchern sie ihn gleich mit vielen Fragen über den Lavendel.
Und auf der anderen Seite, mitten im Feld, stehen drei Schülerinnen mit schneeweißen Kleidern und einer Kamera. Viktoria, Theresa und Emilia sind 16 Jahre alt und machen gerade ihren Realschulabschluss. Den freien Tag wollten sie für ein Fotoshooting nutzen und sind deshalb am Vormittag 24 Kilometer von Erding aus hergeradelt. „Das ist natürlich ganz was Besonderes und für die Fotos, gerade für Instagram, perfekt“, sagen sie. Eine andere ergänzt: „Ich war in Frankreich schon im Urlaub und habe da die Lavendelfelder gesehen und hätte nicht gedacht, dass das hier wirklich genau so ausschaut.“
Ins Feld reingehen und Fotos machen ist ausdrücklich erwünscht
Dass die drei Schülerinnen vorhin auch direkt ins Feld reingegangen sind für ihre Fotos, ist hier kein Problem. Hildegard Pritscher erklärt, dass die viele Arbeit sich schon alleine deshalb rentiert, weil sie mit dem Lavendel vielen anderen eine Freude machen: „Das ist total motivierend, immer weiterzumachen. Das schafft eigentlich keiner, dass er da hergeht und sagt ‚Das hat mir jetzt nicht gefallen‘. Weil es in der Realität halt dann immer noch ein bisschen schöner ist als auf einem Foto.“
Deswegen steht am Rande des Feldes auch nur eine kleine Box für eine freiwillige Spende. Ausgenommen sind professionelle und kommerzielle Fotoshootings. Auf einem kleinen Hinweisschild bittet die Familie vorab um Kontaktaufnahmen, wenn solche Bilder gemacht werden wollen.
Aus den Blüten werden Produkte für den kleinen Hofladen hergestellt
In zwei Wochen wird das Feld abgeerntet und aus den Blüten wird dann für den kleinen Hofladen Lavendelöl, Lavendeleis oder Marmelade hergestellt.
Da es auf dem Hof noch andere Felder gibt – beispielsweise wird auch die schwarze Apfelbeere Aronia angebaut und verarbeitet – gibt es derzeit auch drei Freiwillige aus den USA und aus Frankreich, die für Kost und Logis fünf Stunden am Tag mitarbeiten. Eine davon ist die 20-jährige Amerikanerin Alicia. Dass es in Bayern auch Lavendelfelder gibt, hätte sie vorher nicht gedacht: „Ich wollte einfach auf irgendeinem Hof arbeiten. Und deshalb habe ich viele angeschaut und das hat mich angesprochen, weil es halt das Lavendelfeld hatte.“
Mit Lavendelfeld „die Landschaft beruhigen“
Drüben auf dem Lavendelfeld ist es mittlerweile etwas ruhiger geworden. Jetzt sitzen nur noch zwei Radler oben auf der Bank unter den drei Linden und schauen entspannt auf das hügelige Feld hinab. Und das ist genau der Grund, warum Matthias Tafelmeier das alles macht: „Am besten ist, man schaut das Feld einfach von der Weite an. Genießt die Landschaft, den Duft, atmet das ein.“
Matthias Tafelmeier wollte damit „eine Landschaft für die Seele schaffen“. Das liege ihm als gelernten Landschaftsgärtner am Herzen. „Das ist eigentlich das, warum man das macht, warum ich das angelegt habe, dass einfach für die Seele was da ist. Es ist so viel Arbeit und so viel Stress in der Landschaft und auch bei den Menschen. Das kann man ein bisschen beruhigen. Den Leuten, aber auch bei der Landschaft den Stress rausnehmen.“
Und tatsächlich: Immer wieder fahren unten an der Straße Autos vorbei. Erst schnell, wenn sie aber das Feld erblicken, bremsen viele Fahrer ab oder öffnen das Fenster. Und fahren dann mit Blick auf das Feld ganz langsam weiter.