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WirtschaftsRundschau > Nachrichten > Kultur > Erfolgs-Komödie „Herbstgold“: Ist Sex peinlicher als Altern?
Kultur

Erfolgs-Komödie „Herbstgold“: Ist Sex peinlicher als Altern?

Uta Schröder
Zuletzt aktualisert 26. Oktober 2024 08:47
Von Uta Schröder
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5 min. Lesezeit
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Kommt nicht oft vor, dass sich Theaterzuschauer in der Pause gespannt fragen, wie das Stück wohl weiter geht. Erstens stehen viele Klassiker auf den Spielplänen, die allgemein bekannt sind, zweitens sind neuere Komödien meistens so einfach gestrickt, dass nach fünf Minuten klar ist, wer am Ende glücklich vereint auf der Bühne stehen wird. Bei „Herbstgold“ von Folke Braband ist das etwas anders. Da geht es um vier Menschen – zwei junge, zwei ältere – die höchst ungewohnte, ja unwahrscheinliche Paarbeziehungen eingehen und sich fragen, was eigentlich „peinlicher“ ist: Sex oder Altern?

Inhaltsübersicht
Selbstverliebter Macho-Papa„Papa, darüber lacht heute kein Mensch mehr“Rasengrün wie Friedhof und TennisplatzMänner beim Entblättern

Sie trauen sich was in jeder Hinsicht, und deshalb ist der Abend im Theater an der Rott in Eggenfelden so spannend und unterhaltsam, ohne jemals flach oder zotig zu werden. Regisseurin Julia Ribbeck zum BR: „Manchmal ist es ja bei Boulevardkomödien Teil des Vergnügens, dass man genau weiß, was kommt. Hier finde ich es aber gerade schön, dass das nicht so ist und dass im zweiten Teil des Stücks noch mindestens zwei oder drei Kehrtwendungen warten, mit denen man wirklich nicht rechnen kann.“

Selbstverliebter Macho-Papa

Im Mittelpunkt steht Richard (Norman Stehr), ein nicht mehr junger, unternehmungslustiger Ex-Fotoreporter, der sich für den coolsten aller Frauenversteher hält und nicht merkt, dass er schon vor Jahren aus der Zeit gefallen ist. Seine Blondinen-Witze sind betagt, seine Anekdoten ebenfalls.

Seinem Sohn Felix (Eduard Zhukov) ist das alles hochnotpeinlich, was Wunder, aber dessen Freundin, die abenteuerlustige Lena (Laura Maria Puscheck), findet diesen selbstverliebten Macho-Papa, der halb Südamerika bereist hat, irgendwie anziehend. Was diese Konstellation interessant macht: Auch Lenas Mutter Alice (Yvonne Köstler), langjährige Witwe, schwärmt seit ihrer Jugend insgeheim für diesen Richard, obwohl der doch alles andere als ein Sympathieträger ist und Sprüche klopft, die heutzutage als sexuelle Belästigung gewertet würden.

„Papa, darüber lacht heute kein Mensch mehr“

„Das war die große Freude daran, dass wir nicht dauernd daran denken mussten, ob diese Figur das so unkommentiert sagen darf“, so Julia Ribbeck: „Sie darf es, weil es menschlich ist, dass ein Mann in einem bestimmten Alter, aus einer bestimmten Zeit kommend, andere Dinge lustig findet, als ein junger Mann von heute. Genau das greift der Autor in diesem Stück, finde ich, sehr geschickt auf, sodass man gar nicht erst in die Falle tappt, man ginge womöglich unkorrekt vor, sondern die Figur wird so dargestellt, dass man sich sagt, ja ich verstehe, dass ein Mann in diesem Alter solche Witze macht und ein junger Mann daneben steht und sagt ‚Papa, über sowas lacht heute kein Mensch mehr‘.“

Rasengrün wie Friedhof und Tennisplatz

Was beinahe nach einer Zusammenfassung von Thomas Gottschalks derzeit viel diskutiertem Buch „Ungefiltert“ klingt, ist vergnüglich und berührend: Bei „Herbstgold“ dreht sich alles ums Älterwerden, um Einsamkeit und ob es möglich ist, trotzdem an Träumen und Idealen festzuhalten, sie vielleicht sogar auszuleben.

Ausstatter Florian Angerer hatte grünen Kunstrasen ausgelegt, der gleichermaßen für den Friedhof, den Tennisplatz und das Fußballstadion herhalten muss.

Männer beim Entblättern

Ein Baum steht für die vier Jahreszeiten: gelb verfärbt im Herbst, kahl im Winter, mit rosaroten Blüten im Frühling und im satten Grün stehend im Sommer. Der Kreislauf der Natur steht sinnbildlich für die Menschen, die erstens selbst diesem Zyklus unterworfen sind, sich aber auch emotional ständig umeinander drehen, scheinbar ziel- und endlos.

Passt jahreszeitlich gut zu Allerheiligen, dieser Stoff, der am Friedhof beginnt und endet, was sich zweifellos nur von wenigen Komödien behaupten lässt. Klar, ganz logisch ist die Story nicht in allen Details, sonst wäre sie ja vorhersehbar, auch mal sentimental, aber insgesamt absolut zeitlos, zutiefst menschlich, aufrichtig, ehrlich. Den Titel „Ein Mann zu jeder Jahreszeit“ gibt es ja schon, der entsprechende Film bekam 1967 den Oscar und hat mit Machos nichts zu tun, aber passen würde er auch hier: Nur sind Männer beim Entblättern nicht immer ganz so poetisch wie Bäume.

Wieder am 27. Oktober, sowie 2., 3., 8. und 9. November im Theater an der Rott Eggenfelden, weitere Termine.

 

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Von Uta Schröder
Uta Schröder ist eine versierte Kulturjournalistin und leitet das Ressort Kultur der WirtschaftsRundschau. Mit ihrem umfassenden Wissen und ihrer Leidenschaft für Kunst und Kultur bietet sie tiefgehende Analysen und spannende Einblicke in die kulturelle Landschaft.
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