Landwirte, die mit Spritzmitteln arbeiten, haben ein höheres Risiko, am Parkinson-Syndrom zu erkranken – das ist wissenschaftlich untersucht. Deshalb gab es im vergangenen Jahr eine Empfehlung, das „Parkinson-Syndrom durch Pestizide“ in die Berufskrankheiten-Verordnung aufzunehmen. Betroffene Patienten können nun bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (SVLFG) (externer Link) einen Antrag stellen und prüfen lassen, ob sie für eine solche individuelle Anerkennung in Frage kommen.
Berufsgenossenschaft befürchtet Kostenlawine
Von den etwa 8.000 Anträgen werde derzeit nach Angaben der SVLFG noch etwa 2.600 geprüft. „Bisher wurden 13 Fälle als Berufskrankheit anerkannt“, heißt es in einem Schreiben an den BR. Die Berufsgenossenschaft fürchtet nun eine Kostenlawine auf sich zukommen. Für die Behandlung eines anerkannten Falls einer Parkinson-Berufserkrankung geht die SVLFG von jährlichen Kosten von 30.000 Euro aus.
Diese Summe sei eine Schätzung, so die SVLFG, und ergebe sich „aus den durchschnittlichen Behandlungskosten für einen gesetzlich krankenversicherten Parkinsonerkrankten zuzüglich eventueller Renten- und Pflegeleistungen, die im Falle einer Anerkennung gegebenenfalls durch die Berufsgenossenschaft geleistet werden können“.
Kosten in dreistelliger Millionenhöhe erwartet
Die SVLFG geht von 300 bis 400 Millionen Euro Gesamtkosten in den nächsten drei bis vier Jahren aus. Denn eine „Anzahl von 3.000 entschädigungspflichtigen Fällen“ liege „durchaus im einzukalkulierenden Rahmen“, heißt es von Seiten der SVLFG. Anerkannt werden allerdings nur Fälle, wo ein sogenanntes primäres Parkinson-Syndrom vorliegt und die Ursache tatsächlich im Umgang mit Pestiziden liegt. Die Landwirte müssen hierfür nachweisen, dass sie mindestens 100 Tage ihres Berufslebens mit Spritzmitteln in Berührung gekommen sind – und dass sie ein primäres Parkinson-Syndrom haben.
Komplizierter Nachweis des primären Parkinson-Syndroms
Der Neurologe Christian Lechner ist Chefarzt im Helios Amper-Klinikum Dachau und Vorsitzender des Parkinson-Netzwerks Dachau/München Nord. Er hält diesen Nachweis für komplex.
Lechner erklärt, man müsse sehr viel über die Patienten wissen und sehr viel an Informationen einholen, außerdem gründlich untersuchen „und vielleicht sogar noch Nachuntersuchungen einfordern, weil eben vielleicht die Diagnose nicht eindeutig ist“. Erst dann könne ein entsprechendes Gutachten erstellt werden.
Er empfiehlt den betroffenen Landwirten daher, immer zu neurologischen Fachleuten mit entsprechender Expertise zu gehen. „Auf jeden Fall brauche es immer ein Kernspintomogramm vom Kopf“, so Lechner. Außerdem könnten Stoffwechseluntersuchung helfen, die Diagnose einzugrenzen.