„Wir kommen in Frieden“ erfindet das Dosenbier nicht neu, geschmacklich ist alles beim Alten bei Feine Sahne Fischfilet. Wem das Konzept einer kumpelromantischen Kneipenschlägerei fremd ist, für wen die Formulierung „richtig scheiße geil“ ein Verbrechen gegen den Feingeist darstellt, wem Schnaps und Bengalo-Feuer nicht die Seele wärmen, den wird auch das neueste Album der Band aus Mecklenburg-Vorpommern nicht abholen. Oder wie Sänger Monchi sagt: „Wir sind ja auch keine Schlagerband, wir machen Punkrock.“
Wobei die feinsahnige Fischfilet-Version von Punkrock punktuell gar nicht so weit weg ist vom Schlager. Verkünstelung zum Beispiel steht hier wie dort nicht allzu hoch im Kurs, man sucht nach Möglichkeit den direkten Weg und die einfachsten Mittel. Klar sind Feine Sahne musikalisch versierter geworden, das neue Album ist abwechslungsreicher, feiner produziert und arrangiert als ältere Veröffentlichungen, man wagt sich sogar – durchaus erfolgreich – an ruhigere Songs über Liebeskummer und Vaterfreuden.
Kritik an Social-Media-Aktivismus von „Salonlinken“
Am Ende regiert aber trotzdem traditionalistische Punkwerkskunst mit klaren Botschaften zum Mitgröhlen. In diesem Rahmen funktioniert dann eben auch der Ballermann-erfahrene Neo-Schlager-Rapper Finch sehr gut, der als Featuregast auf dem Song „Manchmal finde ich dich scheiße“ eigentlich den Part des ideologischen Gegners übernimmt, sich aber im Grunde ohne allzu große Verrenkungen in den kumpeligen Fischfilet-Kosmos einfügt.
Das männerschweißtriefende Duett mit dem einigermaßen umstrittenen Künstler Finch dürfte in manchen Teilen der linken Szene auf wenig Gegenliebe stoßen, aber mit denen scheinen Feine Sahne Fischfilet ohnehin so ihre Schwierigkeiten zu haben, spätestens nachdem sie sich 2022 anonymen Vorwürfen sexualisierter Gewalt ausgesetzt sahen – die das Stralsunder Landgericht letztlich als Verleumdung einstufte.
Kritik am eigenen politischen Lager
Die Band formuliert auf „Wir kommen in Frieden“ mehrmals Kritik an Social-Media-Aktivismus von – „Salonlinken“ hätte man früher wohl gesagt. „Es gibt ja grad die Diskussion, dass immer mehr Jugendliche zu den Faschos gehen. Das ist bitter, dass das so ist, aber ich kann es punktuell nachvollziehen. Die Faschos sagen: ‚Come as you are, scheißegal, wie du bist, komm her.'“ Bei den Linken sei das heute nicht mehr so: „Es geht viel darum, wer ist nochmal perfekter, wer ist nochmal linker, wer ist nochmal toller, und wenn dann in Berlin so ne Demo war: Aufstand der Anständigen – Alter, was für ein Wort. Wenn ich mir vorstelle, mit 16, ich wollte doch alles sein außer anständig.“
Diese Kritik am eigenen politischen Lager macht „Wir kommen in Frieden“ um einiges streitbarer als die letzte, eher gefühlige Platte. Und auch gegen die eigentliche Bedrohung von Rechtsaußen wird wieder sehr viel dringlicher angegröhlt. Im Kampf gegen den Faschismus kann man die Verdienste der Band, deren Mitglieder unter beträchtlichem persönlichen Risiko Präsenz und Engagement im ländlichen ostdeutschen Raum zeigen, kaum hoch genug einschätzen.
All das rückt die Band dann eben doch wieder sehr, sehr weit weg vom Schlager und macht Feine Sahne Fischfilet zu einer der politisch relevantesten Mitgröhl-Bands des Landes, egal wie scheiße oder geil man das im Einzelnen finden mag.