Die Polizei-Leitstelle Oberland ist unter anderem zuständig für die bayerischen Wander- und Skigebiete rund um Garmisch-Partenkirchen. An Wochenenden mit schönem Wetter klingelt es besonders oft, sagt der stellvertretende Leiter Christian Fischer. Genaue Zahlen hat er zwar nicht, aber die Belastung – auch durch Handynotrufe – sei in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Allerdings könnte es sein, dass die Einsatzkräfte bald noch viel mehr zu tun bekommen, denn jetzt gibt es diese Funktion auch bei den ersten Android-Geräten.
Google aktiviert seine Pixel-Smartphones
Google hat das Feature mit dem aktuellen Software-Update für seine Pixel-Smartphones eingeführt. Alle neueren Geräte, ab dem Pixel 4a, können den automatischen Unfall-Notruf damit nutzen.
Technisch funktioniert das über ein Zusammenspiel mehrerer Sensoren und Chips: die Mikrofone, der Beschleunigungsmesser und das GPS-Modul registrieren plötzliche Bewegungen oder laute Geräusche, die auf einen Unfall hindeuten. Wenn das System anschlägt, versucht es zunächst Kontakt mit dem Besitzer aufzunehmen. Man hat dann eine Minute Zeit, um zu reagieren. Danach baut das Gerät eine Verbindung zum Notdienst auf. Die Einsatzkräfte versuchen, mit der Person zu sprechen. Klappt das nicht, wird ein Rettungsteam zur GPS-Position geschickt, die das Gerät gesendet hat.
Unterschiede zum Apple-System
Apple hat eine ähnliche Funktion schon seit rund zwei Jahren in seine iPhones integriert. Es gibt allerdings ein paar Unterschiede. Bei Apple baut sich die Verbindung zum Notruf bereits nach 20 Sekunden auf. Weil auch die Sensoren anfangs sehr schnell anschlugen, wurden anfänglich schon Notsignale abgesetzt, wenn Skifahrer zu schnell abbremsten. Das Problem, durch das immer wieder Fehlalarme entstanden, wurde mittlerweile anscheinend behoben.
Bei Apple ist die Unfallerkennung standardmäßig aktiviert. Google-Handys haben sie erst einmal deaktiviert. Man muss sie also selbst anschalten, um sie nutzen zu können. Dabei lässt sich auch wählen, was bei einem Unfall passieren soll. Beispielsweise können nicht nur die Sanitäter informiert werden, sondern auch eine vorher festgelegte Liste von Notfallkontakten.
Samsung-Smartphones sind noch außen vor
Googles Handys haben den Unfall-Notruf schon seit längerem an Bord. Allerdings war er nur in den USA verfügbar. Mit der Freischaltung sind Pixel-Phones hierzulande die Vorreiter unter den Android-Geräten. Andere Handys mit diesem Betriebssystem – das ja auch aus dem Hause Google kommt – müssen offenbar noch warten. Es gibt Hinweise, dass Android das bislang verzögert hat.
Auch bei Samsung war zum Beispiel schon länger mit der Funktion gerechnet worden. Sie ist aber bis heute noch nicht mal im Top-Gerät Galaxy S24 Ultra verfügbar. Lediglich die Smartwatches des koreanischen Konzerns haben den Unfall-Notruf. Wer schnell mit dem Handy Rettungskräfte rufen möchte, kann das bislang bei diesen Smartphones nur mit schnellem mehrmaligen drücken der Ein-Aus-Taste.
System kann Leben retten
Viele Einsatzkräfte wären wohl ohnehin nicht allzu traurig, wenn der Unfall-Notruf bei den besonders zahlreichen Android-Geräten noch ein wenig länger auf sich warten ließe. Immerhin sind die so ausgelösten Notrufe in den allermeisten Fällen blinder Alarm, egal ob im Winter auf der Piste oder im Sommer beim Wandern.
Das bestätigt zum Beispiel Stefan Scharf von der Leitstelle in Berchtesgaden. Seine Kollegen bringen mitunter Usern ihre Smartphones zurück, die vom Autodach gefallen sind und um „Hilfe gerufen“ haben. Eigentlich nicht wirklich eine primäre Aufgabe der Polizei, sagt Scharf. Er kann dem System aber trotzdem einiges abgewinnen. Wenn nur ein Menschenleben dadurch gerettet werden könne, sei es das wert und es habe in seiner Leitstelle schon solche Fälle gegeben.