Die deutsche Industrie sieht ihre Wettbewerbsfähigkeit immer schneller schwinden. Noch nie in den 31 Jahren, seit denen das Münchner Ifo-Institut danach fragt, sagten so viele Betriebe wie jetzt, dass sie gegenüber Unternehmen außerhalb der EU an Wettbewerbsfähigkeit verlieren wie im Oktober. Konkret waren es den Münchner Wirtschaftsforschern zufolge 36,6 Prozent. Das ist zudem ein deutlicher Anstieg seit der letzten Befragung im Juli, als es noch 24,7 Prozent waren.
„Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie befindet sich auf einem neuen Tiefpunkt“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. „Das zeigt, wie stark die strukturellen Probleme inzwischen durchschlagen.“ Auch im innereuropäischen Vergleich sehen sich die Unternehmen auf dem absteigenden Ast. Hier stieg der Anteil derer, die von einem Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit berichteten, von 12 auf 21,5 Prozent.
Energieintensive Bereiche besonders betroffen
Dramatisch sei die Situation in der energieintensiven Industrie. In der Chemischen Industrie berichte beispielsweise mehr als die Hälfte der Betriebe von einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit. Bei den Herstellern elektronischer und optischer Erzeugnisse sind es 47 Prozent, im Maschinenbau rund 40 Prozent.
„Die strukturellen Probleme sind bekannt“, sagt Wohlrabe. Jetzt komme es darauf an, sie entschlossen anzugehen, damit Deutschland, im internationalen Vergleich nicht weiter zurückfalle.
Elektroindustrie kämpft sich aus der Talsohle
Einheitlich negativ ist das Bild bei genauerer Betrachtung allerdings nicht. Nach den Gewinnsteigerungen bei BMW und der positiven Bilanz bei Siemens Healthineers überrascht nun auch die deutsche Elektro- und Digitalindustrie mit Zahlen, die eher zum weit positiveren Bild des letzten Ifo-Geschäftsklimaindex passen: Die Branche verzeichnet wachsende Aufträge, Produktionszahlen und Umsätze.
Besonders das Ausland sorgt hier für Schwung in der Neunmonatsbilanz. Nach neun Monaten haben die Unternehmen demnach 4,2 Prozent mehr Aufträge eingesammelt als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Vor allem aus dem Euro-Raum (+8,1 Prozent) und dem weiteren Ausland (+11,0 Prozent) kamen mehr Order als vor einem Jahr. Aus dem Inland gingen im bisherigen Jahr 2,8 Prozent weniger Aufträge ein; auch hier ist die Tendenz aber positiv.

