Die „Mio Mio Cola-Orange-Mische“ des Herstellers Berentzen ist der „Paulaner Spezi“ im Design zu ähnlich. Das Landgericht München entschied heute: Berentzen muss sein Produkt wegen Markenrechtsverletzung anpassen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Es ist ein Sieg für Paulaner – und nicht der erste.
Erst im März hatte das Landgericht in einem ähnlichen Fall ein Urteil gesprochen. Paulaner hatte die Homburger Brauerei Karlsberg verklagt – ebenfalls, weil die Farbgestaltung der „Brauerlimo“ dem geschützten Paulaner Wellendesign mit fünf Farben zu ähnlich sei. Das sahen auch die Richter so.
2022 war Paulaner zudem selbst verklagt worden. Die kleinere Augsburger Brauerei Riegele hatte mit den Münchnern über die Rechte am Namen „Spezi“ gestritten und vergeblich versucht, Lizenzgebühren zu bekommen.
Paulaner will mit Prozessen eigene Spezi-Marke stärken
Warum all diese Prozesse? Paulaner selbst sagt, dass ähnliche Konkurrenzprodukte die eigene Marke schwächen würden. Gehe man nicht gegen ähnliche Produkte vor, untergrabe man die eigene juristische Position. Außerdem könne man sich dann nicht mehr wehren, wenn andere Hersteller ein optisch ähnliches Produkt auf den Markt brächten.
Für Rechtsanwalt Marcel Maybaum, spezialisiert unter anderem auf Marken- und Urheberrecht, sind die Prozesse rund um „Paulaner Spezi“ nicht überraschend. Denn wenn aus einer Marke ein Gattungsbegriff wird, wie bei „Tesa“ oder „Tempo“ – in diesem Fall „Spezi“ – dann sei das für den Markeninhaber problematisch. Denn er könne sein Markenrecht daran verlieren. Um sich dagegen zu wehren, muss der Konzern nach Aussage von Maybaum „irgendwie dokumentieren, dass ich dagegen vorgehe, wenn andere Leute die Bezeichnung benutzen“. Paulaner selbst wolle mit dem Vorgehen gegen die Konkurrenz außerdem seine eigene Marke „Paulaner Spezi“ stärken. Wenn es irgendwann nur ein einziges größeres Produkt auf dem Markt gibt, dann sei das „die beste Situation für den Markeninhaber, den er haben kann“, so Maybaum.
Rechtsanwalt Kilian Kost sieht das ähnlich. Paulaner versuche seine Marke mit dem dazugehörigen Design „möglichst umfassend auf dem Markt zu schützen“. Jeder Versuch, das Design nachzuahmen, werde daher konsequent gerichtlich verfolgt. Das Ziel ist nach Aussage von Kost, „eine Verwässerung der Marke und eine mögliche Verwechslung bei den Verbrauchern zu verhindern“.
Nicht nur der Markt für Mischgetränke gilt als umkämpft
Ein weiterer Faktor: Der Markt für Limonaden und Mischgetränke ist umkämpft. Alkoholfreies liegt im Trend, andere Hersteller wollen davon ebenfalls profitieren. „Intensive Marktstreitigkeiten“ gibt es laut Rechtsanwalt Kilian Kost deswegen auch am Energy-Drink-Markt, wo es „fortlaufend Auseinandersetzungen um Dosenform, Farbgebung und Namen“ gebe.
Gerichtsprozesse hält Kost insofern für nicht so ungewöhnlich, sondern sie seien „aus Unternehmenssicht vielmehr eine strategische Notwendigkeit, um die eigenen Alleinstellungsmerkmale gegen Nachahmer zu verteidigen“. Auch LEGO gehe als prominentes Beispiel seit Jahren vehement gegen Nachahmungen vor.
Paulaner sah offenbar Markenverletzung durch weitere Hersteller
Aber hätte sich Paulaner mit seinen Konkurrenten nicht auch so einigen können, ohne vor Gericht zu ziehen? Paulaner sagt, man suche immer zuerst das Gespräch. Weitere Fragen des BR wollte das Unternehmen zunächst nicht beantworten. Allerdings hatte Paulaner laut der Süddeutschen Zeitung noch bei weiteren Herstellern mutmaßliche Ähnlichkeiten entdeckt. Diese Fälle habe man aber außergerichtlich geklärt. Man sei nicht daran interessiert, sinnlos Geld für Rechtsstreite auszugeben, hieß es demnach von Paulaner.
Tatsächlich sind nach Aussage von Rechtsanwalt Marcel Maybaum Markenrechtsstreite teuer. Deswegen würden Unternehmen in der Regel zunächst eine Abmahnung schreiben, wenn eine Marke mutmaßlich verletzt wurde – also eine „außergerichtliche Aufforderung“, eine bestimmte Gestaltung oder einen Begriff nicht mehr zu verwenden.
Der Streitwert vor Gericht, zwischen Paulaner und Berentzen 250.000 Euro, ist dabei laut Maybaum nicht der ausschlaggebende Grund für Prozesse. Streitwert sei nicht gleich möglicher Schadensersatz, erklärt Maybaum. Der Streitwert lege etwa die Gerichtsgebühren fest. 250.000 Euro seien dabei „schon fast ein sehr niedriger Streitwert“, so Maybaum. Bei bekannten Marken liege dieser oft doppelt oder viermal so hoch.
Mit Informationen der dpa